Stellungnahme des Landgard-Vorstands Dirk Bader
Die gesamte deutsche Wirtschaft und Bevölkerung leidet unter den stark gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe. Parallel dazu haben die hohe Inflation, steigende Energiepreise und eine allgemeine Verunsicherung aufgrund des Krieges in der Ukraine bei den Verbraucher*innen zu einer spürbaren Konsumzurückhaltung geführt. All dies wirkt sich auch auf die Mitgliedsbetriebe der Erzeugergenossenschaft Landgard aus. Hinzu kommen – speziell im Obst- und Gemüseanbau – zum Teil deutliche Ernterückgänge als Folge des zurückliegenden Dürresommers in weiten Teilen des Landes.
Bei der Produktion von Blumen und Pflanzen zeigen sich die Folgen der aktuellen Krise besonders stark im energieintensiven Unterglas-Zierpflanzenanbau. Wie in vielen anderen Bereichen der Grünen Branche waren die Produktionskosten für unsere Erzeuger*innen im Zierpflanzenanbau schon lange vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine u. a. durch einen starken Anstieg der Energiepreise und der CO2-Steuer deutlich in die Höhe geschnellt. Hinzu kommen massive Preissteigerungen bei Verpackungen, Kunststoff, Kartonagen und Paletten, Saatgut, Pflanzenschutz- und Düngemittel sowie enorme Transport- und Frachtkostensteigerungen aufgrund des Mangels an Frachtraum und Fahrer*innen.
Bei weiterhin unkalkulierbar steigenden Energiekosten könnte sich die Situation zuspitzen. Schon jetzt sorgt die Kombination aus immens gestiegenen Produktionskosten einerseits und einer aufgrund der Konsumzurückhaltung der Verbraucher*innen gesunkenen Nachfrage andererseits dafür, dass unsere Mitgliedsbetriebe nicht mehr die Preise erzielen, die nötig wären, um die gestiegenen Kosten zu kompensieren und ihre Betriebe aufrechtzuerhalten. Im Ergebnis berichten uns Familienbetriebe, die zum Teil seit Generationen im Gartenbau etabliert und erfolgreich sind, von Existenzängsten und Perspektivlosigkeit.
Produktionsanpassungen in den Betrieben
Unabhängig von den Unterstützungsappellen der Grünen Branche an die Politik versuchen die Betriebe natürlich zuallererst, ihre Produktion anzupassen und eigene Strategien für den Umgang mit der aktuellen Situation zu entwickeln. Dabei sind die Ansätze der Betriebe unterschiedlich und umfassen den kompletten oder zeitlich befristeten Produktionsstopp von energieintensiven Kulturen genauso wie die gezielte Reduzierung der Mengen und weitere flankierende Einsparmaßnahmen wie etwa ein Investitionsstopp bei bestimmten Gartenbaubedarfsprodukten.
Blumen und Pflanzen als wertvolles Kulturgut
Die verschiedenen Ansätze zeigen – unsere Mitgliedsbetriebe lassen in der aktuellen Krise kaum etwas unversucht, ihre Produktion anzupassen und krisenfester zu machen. Dabei geht es ihnen auch darum, den Markt und die Verbraucher*innen weiterhin mit Blumen und Pflanzen zu versorgen, die mit Leidenschaft und Herzblut produziert werden.
Dass Blumen und Pflanzen als Kulturgut einen großen immateriellen Wert für unsere Gesellschaft haben, hat sich in den ersten beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 mehr als deutlich gezeigt. Der mit den verschiedenen Lockdowns verbundene Rückzug ins Private der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses hat die Verbraucher*innen zusammen mit den zeitweise eingeschränkten Reisemöglichkeiten dazu gebracht, sich noch intensiver mit Blumen und Pflanzen zu beschäftigen und das eigene Wohnumfeld damit gezielt zu verschönern. Auch dadurch wurden diese Phasen für viele Menschen in Deutschland wenigstens etwas erträglicher.
Blumen und Pflanzen als Wirtschaftsfaktor
Blumen und Pflanzen haben in Deutschland auch eine wirtschaftliche Bedeutung. So wurden laut AMI GmbH 2021 in Deutschland etwa 10,2 Mrd. Euro für Blumen und Zierpflanzen ausgegeben. Der Produktionswert für Blumen und Zierpflanzen sowie Baumschulerzeugnisse deutscher Erzeuger*innen lag 2020 nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bei mehr als 2,6 Mrd. Euro. Mehr als 125.000 Menschen sind als Arbeitnehmer*innen im Einzelhandel mit Blumen und Pflanzen, dem Zierpflanzenbau und der Baumschule beschäftigt.
Blumen und Pflanzen als Klimafaktor
In der modernen Stadtplanung kommt der grünen Infrastruktur nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes eine immer größere Bedeutung zu. Bäume, Sträucher, Hecken, Blumen und Wiesen machen unsere Städte attraktiver und lebenswerter. Das Grün in der Stadt reguliert die Temperatur, reinigt die Luft und wirkt sich damit positiv auf das Stadtklima und auf die Gesundheit aus. Darüber hinaus wird ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz geleistet, weil das Grün in der Stadt Lebensraum und Nahrungsquellen zum Beispiel für bestäubende Insekten bietet. Neben Parks und Grünanlagen geht es unter dem Stichwort grüne Architektur inzwischen immer mehr auch um die Begrünung von Fassaden und Dächern. Da ist es nur konsequent, dass die Politik nachdrücklicher gegen private Schottergärten vorgeht. Denn Bereiche, auf denen Steine aufgeschüttet werden, erwärmen sich schneller und der Abkühlungseffekt, den Gartenpflanzen auf die Umgebung haben, geht verloren. Gleichzeitig kann Regenwasser auf versiegelten Flächen nicht versickern, wodurch die Austrocknung des Erdreichs begünstigt wird.
Dringender Handlungsbedarf für die Politik
Damit die Blumen und Pflanzen, die wir jetzt und in Zukunft benötigen – im privaten und im öffentlichen Raum, zur Verschönerung und aus Klimaschutzgründen – in Deutschland auch weiterhin produziert werden können, benötigen die Gartenbaubetriebe jetzt in der Krise die Unterstützung aus der Politik.
Daher unterstützen wir die Forderungen des Zentralverbandes Gartenbau nach tiefgreifenden und gezielten Ad-hoc-Maßnahmen, die weit über die im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung zusammengefassten Maßnahmen hinausgehen und den Betrieben dabei helfen, ihre Existenz zu sichern. Nur so werden die Betriebe mittelfristig auch wieder in der Lage sein, in die Erzeugung von Strom und Wärme aus regenerativen Energien zu investieren, um dadurch unabhängiger von der Energiepreisentwicklung zu werden.
Dass eine Energiewende kommen muss, um sich von den fossilen Energieträgern zu verabschieden, ist unumstritten. Diesen Prozess haben viele Zierpflanzenbetriebe bereits angestoßen und in ihre Betriebe investiert. Diese Entwicklung darf jetzt nicht zum Stillstand kommen. Der deutsche Zierpflanzenbau ist ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft, aus diesem Grund brauchen wir jetzt die Unterstützung der Politik, um die aktuelle Situation gemeinsam zu bewältigen.
Jede Krise bietet auch die Chance auf Veränderung und Weiterentwicklung, um danach mit neuen Perspektiven und Möglichkeiten gestärkt aus der Situation hervorzugehen – und den Zierpflanzenbau weiter blühen zu lassen.
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